Wie konnte es dazu kommen?

Fraktion Die Linke zum Abwahlantrag gegen Bürgermeister Sven Siebert

Ein Abwahlverfahren des 2019 gewählten Bürgermeisters nach gut vier Jahren Amtszeit? Wie konnte es dazu kommen? Was ist geschehen?
Als Sven Siebert sein Amt antrat, war diese Entwicklung nicht abzusehen. Unsere Fraktion bot eine sachliche Zusammenarbeit zum Wohle der Gemeinde an. Es war nicht erkennbar, dass der Bürgermeister nicht gewillt oder in der Lage war, sein Amt entsprechend auszuüben.
Der Stillstand in der Gemeinde 2020 und 2021 war nicht nur mit Corona zu erklären, denn in anderen Gemeinden wurden Projekte vorangetrieben. In Hoppegarten wurden nur zwei Projekte weitergeführt, die bereits der Amtsvorgänger eingeleitet hatte: der Neubau der Hönower Feuerwehr und die Entwicklung des sogenannten KWO-Geländes am S-Bahnhof Hoppegarten. Sonst gab es keine eigenen Ideen oder Initiativen seitens des Bürgermeisters, bis heute.
All dies ist zwar ärgerlich, hätte aber nicht zu einer Abstimmung 20:3 für die Einleitung eines Abwahlverfahrens geführt, wenn nicht gravierende Fehler des Bürgermeisters hinzugekommen wären, die der Gemeinde letztendlich erheblich geschadet haben.
In seiner bisherigen Amtsführung hat Sven Siebert mehrfach bewusst gegen gesetzliche Regeln verstoßen und Grenzen des Erlaubten überschritten:

  • Die Vergabe des Winterdienstes 2021/2022 tätigte der Bürgermeister eigenmächtig, gegen einen anderslautenden Beschluss der Gemeindevertretung.
    Die Gemeindevertretung hatte beschlossen, den Winterdienst tagesaktuell zu vergeben, da die Vergabe, die der Bürgermeister viel zu spät vorgeschlagen hatte, völlig überteuert war. Seine klar rechtswidrige Entscheidung, gegen den Beschluss der Gemeindevertretung den Auftrag zu dem angebotenen Preis zu vergeben, führte zu einer Mehrausgabe in Höhe von nahezu 1 Million Euro, die daher nicht für andere Projekte der Gemeinde verwendet werden können. Um es klar zu sagen: Rechtlich war Sven Siebert nicht mehr berechtigt, den Auftrag auszulösen! Deshalb läuft zurzeit gegen den Bürgermeister ein Disziplinarverfahren beim Landrat des Landkreises Märkisch-Oderland. Es entstand der Eindruck, dass Sven Siebert dem Unternehmen den Vertrag vor der Entscheidung der Gemeindevertretung bereits fest zugesagt hatte, obwohl es hierzu keine Rechtsgrundlage gab.
  • In den bisherigen vier Jahren der Amtszeit von Bürgermeister Siebert wurde kein einziger neuer Haushalt für die Gemeinde pünktlich im Vorjahr beschlossen, da die vorgelegten Entwürfe zu spät und in nicht beschlussfähiger Form vorgelegt wurden. Dadurch befand sich die Gemeinde über längere Zeiträume in den vergangenen Jahren de facto fast ständig in der vorläufigen Haushaltsführung und viele freiwillige Aufgaben und Projekte unter anderem auch aus dem Bürger-Haushalt konnten nicht oder nicht vollständig durchgeführt werden. Der Investitionsstau hieraus beläuft sich auf ca. 15 Millionen Euro. Unverständlich, denn Sven Siebert war vor seinem Amtsantritt Kämmerer der Stadt Eberwalde. Als solcher hätte er eigentlich über die notwendige Qualifikation verfügen müssen, beschlussfähige Haushalte rechtzeitig vorzulegen bzw. sie aufstellen zu lassen. Es gelang kein Mal!
  • Überschreitungen der Personalausgabegrenzen und diverse verdächtige Vorgänge der Haushaltsführung veranlassten die Gemeindevertretung Mitte 2023 eine Sonderprüfung der Finanzgeschäfte der Gemeindeverwaltung Hoppegarten durch das Rechnungsprüfungsamt des Landkreises Märkisch-Oderland zu fordern. Der Bericht des Rechnungsprüfungsamtes wurde im zweiten Quartal 2024 vorgelegt. Er zeigt gravierende Rechtsverstöße bei Übertragungen von nicht verbrauchten Haushaltsmitteln und die verschwenderische Veräußerung von Haushaltsmitteln unter direkter Mitwirkung des Bürgermeisters oder seiner Duldung auf.
  • So hat der Bürgermeister Anfang 2023 wider besseres Wissen in nahezu 170 Fällen eigenmächtig Ermächtigungsübertragungen von 2022 nicht verbrauchten Haushaltsmitteln nach 2023 angeordnet. Diese wurden vom Rechnungsprüfungsamt in über 100 Fällen als rechtswidrig gerügt. In einigen dieser Fälle betraf das sogar Vorgänge, die bereits vorher, Ende 2022, von der damaligen Kämmerin als ‚unbegründet‘ nicht genehmigt worden waren. Zudem werden fehlende Belege und eine zeitliche Verzögerung der Bereitstellung der erforderlichen Unterlagen angemahnt.
    Es geht hierbei auch um das mangelnde Rechtsbewusstsein des Bürgermeisters, der entsprechende Kritik aus der Gemeindevertretung abtat. Erst das Rechnungsprüfungsamt des Landkreises konnte ihm detailliert die Rechtsbrüche nachweisen.
  • Auslöser zur Einleitung des Abwahlverfahrens gegen den Bürgermeister war die direkte Behinderung der Arbeit der Gemeindevertretung mit dem Versuch des Bürgermeisters, den Bericht des Rechnungsprüfungsamtes den Gemeindevertretern vorzuenthalten. Er ordnete an, den Entwurf des Berichts nicht den Gemeindevertretern zuzuleiten, obwohl diese die Überprüfung beim Landkreis beantragt hatten.
    An zwei Verhaltensweisen des Bürgermeisters im Zusammenhang mit dem Beschluss über die Einleitung eines Abwahlverfahrens wird ersichtlich, dass die Entscheidung für das Abwahlverfahren richtig ist: Zum einen versuchte der Bürgermeister aktiv auf einzelne Gemeindevertreter bei der Vorbereitung der Beratungen zum Abwahlverfahren einzuwirken und sie davon zu überzeugen, dagegen zu stimmen. Dies, obwohl das Kommunalrecht in einem solchen Fall explizit dem Bürgermeister untersagt, an der Entscheidung mitzuwirken.
    Zum anderen verkündete er bei einer außerordentlichen Personalversammlung im Rathaus, dass er keine Fehler gemacht hätte, Fehler hätten seine Verwaltungsmitarbeiter gemacht, die zur jetzigen Situation geführt hätten.
    Wir sind bestürzt über ein solches Maß an Ignoranz und mangelnder Einsicht. Noch nicht einmal andeutungsweise wird über das eigene Handeln nachgedacht, nach dem eigenen Beitrag gesucht, der diese Situation entstehen ließ.
    Jeder von uns macht Fehler und auch einzelne Mitglieder der Gemeindevertretung haben zur Verschärfung der Situation mit dem Bürgermeister beigetragen. Aber das völlige Negieren eigener Fehler und die bewussten Regelverstöße und Grenzüberschreitungen zeigen eine Denkweise, die – wenn sie fortgeführt wird – zu weiteren erheblichen Schäden für die Gemeinde führen wird.
    Um die vielen anstehenden Aufgaben in unserer Gemeinde konsequent und zielstrebig zu lösen, sind eine starke und gut geführte Verwaltung und deren Zusammenarbeit mit den gewählten Kommunalvertretern notwendig.
    Das Vertrauen darauf ist durch das bisherige Agieren von Bürgermeister Sven Siebert unwiderruflich zerstört worden. Daher bleiben nur seine Abwahl und die Gestaltung unserer Gemeinde unter neuer Führung.

Fraktion DIE LINKE. In der Gemeindevertretung Hoppegarten
Jana Köhler (Fraktionsvorsitzende)
Dr. Frank Galeski (Fraktionsvorsitzender bis zur Kommunalwahl 2024)


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